Die Kanban Methode in der Produktionslogistik

Kanban ist eine geniale Methode der dezentralen Produktionssteuerung, doch sie eignet sich nicht für jeden Einsatzfall. Ob sie auch für Ihr Unternehmen passt, erfahren Sie hier.

Wenn Sie sich für Logistik, Lagertechnik, die Automobilindustrie oder Management interessieren, dann haben Sie sicher schon einmal von Kanban gehört. Aber was ist Kanban eingentlich genau? Wann wird es eingesetzt? Wo bringt es Vorteile? Wenn Sie sich unsicher sind, ob sich Kanban auch für Ihren Betrieb eignet, dann soll Ihnen dieser Artikel Antworten geben.

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Dezentrale Produktionssteuerung mit dem Kanban-System

Kanban ist eine Methode der dezentralen Produktionssteuerung, bei der mithilfe von Datenkarten – japanisch Kanban genannt - einzelne Produktionsprozesse und Logistikprozesse angestossen werden. Die Kanban-Methode wurde vom Toyota-Manager Taiichi Ohno in den 50er-Jahren in den Toyota-Werken eingeführt. Die eigentliche Idee kam aus der Lebensmittelindustrie bzw. -logistik, genauer gesagt dem Supermarktbereich. Die Vorteile der Kanban-Methode sind die dezentrale Steuerung, eine schlanke Lagerhaltung (Lean Lager) und Just-In-Time-(JIT)Logistik von Teilen, die in der Produktion benötigt werden. Auf den Karten sind wichtige Daten, wie Artikelnummer, Menge, Lagerort, etc., vermerkt. Die Produktion sendet also an die vorgeschaltete Produktionsstufe ein Signal, dass neue Bauteile benötigt werden. Z. B. wird ein leerer Behälter mit Bestellkarte für ein bestimmtes Bauteil in das Lean Lager gesendet und ein voller Behälter wieder mitgenommen. Das Teilelager weiss jetzt, dass dieser Artikel in einer bestimmten Menge nachbestellt werden muss und sendet diesen Bestellauftrag an die Quelle (den Lieferanten). Der Lieferant erfültt den Auftrag und bringt das entsprechende Bauteil in der gewünschten Menge in das Lean Lager. Die Kanban-Karte dient also als Bestellkarte der Produktion, die einen bestimmten Produktionsauftrag bzw. eine Resonanzwelle auslöst, die von der Fertigung bis zum Lieferanten verläuft. Bei der zweiten Variante dient die Kanban-Karte als Identifikationskarte für das neu zu produzierende bzw. zu bestellende Bauteil. Zwei benachbarte Produktionsstufen sind zu einem Regelkreis verbunden, wodurch eine problemlose Koordination der aufeinanderfolgenden Stufen entsteht. Z. B. holt sich Produktionsstufe A ein Bauteil aus dem Lean Lager (Pufferlager) und Produktionsstufe B füllt das Teilelager wieder mit dem entsprechenden Bauteil auf.

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Push- und Pull-Prinzip

Entscheidende Vorteile der Methode sind die dezentrale Steuerung und die Selbststeuerung in Kombination mit dem Pull-Prinzip (Hol-Prinzip). Die Lagerbestände können gegenüber der klassischen Methode mit Push-Prinzip (Bring-Prinzip) erheblich minimiert werden. Das Kanban-System besitzt eine deutlich erhöhte Robustheit und Flexibilität gegenüber der klassischen Methode. Bei der klassischen zentralen Produktionssteuerung  beruht die Produktion auf Bedarfsschätzungen. Zu diesem Zweck werden Markt- und Verkaufsdaten herangezogen und darauf aufbauend Prognosen erstellt. Das Teilelager hält viele Bauteile vor und löst Bestellungen basierend auf dem vorhandenen Lagerbestand aus. Die Bestellungen werden aufgrund von Prognosen getätigt und zugleich ein Sicherheitsbestand beibehalten. Die Gefahr bei Push-Systemen ist eine Fehlkalkulation. Das kann entweder dazu führen, dass zu viel kalkuliert wird oder, dass Kundenwünsche wegen Fehlmengen nicht erfüllt werden können.

Management im Kanban-System

Beim Kanban-System muss kein Einzelner über die gesamte Prozesskette Bescheid wissen. Es wird immer nur der offene Kanban-Behälter an der jeweiligen lokalen Stelle aufgefüllt. Das Sytem erweist sich also als selbstregulativ und selbstorganisierend und beruht auf lokalem Wissen und einfachen Regeln. Es gleicht so selbstorganisierten Systemen aus der Natur, denen Schwarmintelligenz zugrunde liegt. Man denke beispielsweise an das Handeln von Armeisen in einem Armeisenstaat. Für Führungskräfte im Kanban-System ergibt sich also eine neue Funktion. Sie müssen zunächst die Rahmenbedingungen setzen, damit die Prozesskette überhaupt funktionieren kann. Aber auch die Konzeption einer solchen Resonanzwelle (s. o.) erfordert nicht selten die Nutzung der Weisheit der Vielen sprich der Schwarmintelligenz. Die Führungskraft erhält die Rolle des Teammangers, dessen Aufgabe es ist, die Selbstorganisation des Teams zu organisieren. Darüber hinaus agiert er als Moderator, Motivator, Coach, Koordinator und Konfliktmanager bzw. Trouble Shooter, um die Abläufe zu harmonisieren.

Wann ist die Kanban-Methode sinnvoll?

Das Kanban-System ist aber nicht überall sinnvoll. Wenn Sie nur einzelne oder wenige Produkte herstellen, eignet sich die Methode nicht. Sie passt am besten bei einem hohen Anteil gleicher Teile mit geringer Variantenvielfalt. Die Produktionssteuerung bzw. der Materialfluss, die Logistik und der Nachschub orientieren sich ausschliesslich am tatsächlichen Materialverbrauch am Bereitstellungs- bzw. Verbrauchsort. Die Methode bringt wie schon erwähnt eine hohe Flexibilität und schlanke Lagerbestände. Allerdings kann es zur Unterbrechung der gesamten Lieferkette bzw. Supply Chain-Logistik kommen, wenn eine Stelle im Prozess ausfällt. Wenn Sie Kanban einführen wollen, sollte Ihr Unternehmen einige Voraussetzungen erfüllen:

  • Kontinuierliche Fertigung
  • hoher Standardisierungsgrad der Produkte bei streng getakteter Produktion
  • Eindeutige Bezeichnungen für genaue Zuteilung der Karten und Behältnisse
    Konsequentes Behältermanagement
    Ausgeprägte Qualitätssicherung
  • Grosse Schwankungen in der Produktion müssen vermieden werden
  • Transportzyklen müssen verkürzt und einheitlich gestaltet werden

Kanban-Behälter und -Regale

Spezielle Regalsysteme und Behälter für Kanban-Systeme und -Logistik sind heutzutage Standard in der Intralogistik. Dazu gehören C-Teile-Behälter, die die Vorteile von Regal- und Sichtlagerkästen verbinden, oder auch Euromodulbehälter. Durch die C-Teile-Behälter wird der Platz in den Kanban-Regalen optimal ausgenutzt. Sie ermöglichen Top- und Front-Picking, also den Zugriff auf die C-Teile von vorne (Sichtscheibe wird heruntergeschoben) und von oben (Kasten wird herausgezogen und Rückhaltesicherung hält ihn im Regal). Die Dosierscheibe des Kastens ermöglicht, dass das Füllvolumen bis oben hin genutzt werden kann. Durch die Sichtscheibe kann der Mitarbeiter jederzeit genau sehen, wieviele Teile jeweils noch im Kasten sind. Beim Einbehälter-Kanban ist das Prinzip innerhalb eines Kastens umgesetzt. Entnimmt man vorne das letzte Teil, kann die Nachschubmenge durch Hochziehen der Dosierscheibe genutzt werden. Der Bestellprozess für neue C-Teile wird durch das Entnehmen der Karte oder RFID-Tags am hinteren Ende des Kastens ausgelöst. Beim Zwei-Behälter-Kanban wird nach der Entnahme des letzten Teils der erste Kasten aus dem Regal herausgezogen. Die Karte wird entnommen und der Bestellprozess wird ausgelöst. Danach wird der zweite Kasten in die vordere Position gezogen. Von hinten wird dann der bestellte Kasten mit den Nachschubteilen hineingeschoben (FIFO-Prinzip). Auch ein Euromodulbehälter eignet sich sehr gut für die Kanban-Methode, da er sich gut in Schrägboden- oder Stückgut-Durchlaufregalen lagern lässt. Er ist 600 Millimeter lang und in verschiedenen Höhen und Breiten erhältlich. Die Serie ist so konzipiert, dass die unterschiedlichen Behältergrössen modular, aber dennoch im festen Verbund passend auf eine Europalette gestapelt werden können. Er ist äußerst stabil und daher sicher stapelbar und besitzt zudem ein großes Innenvolumen. Die glatten Innenflächen erlauben eine leichte Reinigung. Mit den integrierten ergonomisch geformten Griffen kann der Euromodulbehälter einfach gezogen und getragen werden.

Kanban-System mit Barcode oder RFID

Heutzutage werden statt der Kanban-Karte Speichermedien wie Barcodes oder RFID-Chips eingesetzt. Dabei werden die Daten bzw. der Produktionsauftrag via WIFI an das Lagerwerfaltungssystem, ERP-System bzw. an den entsprechenden Bauteilelieferanten übertragen. Beim Barcode-System wird der jeweilige Barcode der Leerbehälter entsprechender Bauteile manuell durch einen Mitarbeiter gescannt und an den jeweiligen Bauteile-Lieferanten übermittelt, der dann diese Teile nachliefert. Beim einem RFID-System ist dieser Vorgang automatisiert. Dabei werden die Artikel- und Behälterdaten direkt von der Produktion des Kunden zum Zentrallager funkgesteuert mittels Radio Frequency Identification (RFID) automatisch übermittelt. D. h. die automatisierten Nachbestellungen erfolgt hier ohne Abscannen und ohne manuelle Erfassung. Der RFID-Tag bzw. RFID-Transponder besitzt eine Antenne und ist am jeweiligen Gegenstand oder am Kanban-Behälter angebracht. Jeder Tag ist über eine eindeutige Nummer zur Datensicherheit identifizierbar. Ein RFID-System besteht daneben noch aus einem Lesegerät zum Erfassen des Transponders und der Sendeeinheit zur Datenübertragung bzw. zur automatisierten Nachbestellung von Bauteilen für die Produktion.

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