CO2-neutrale Logistik

Der Verkehrssektor muss bis 2030 seine Treibhausgasemissionen um 40 bis 42 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Bis 2050 will Deutschland weitgehend treibhausgas- bzw. CO2-neutral werden.

Die Minderung der Kohlenstoffdioxid (CO2) -Emissionen ist ein erklärtes Ziel nicht nur in der Transport- und Logistik-Branche, sondern auch der gesamten deutschen Wirtschaft. Laut der Studie „Klimaschutzbeitrag des Verkehrs bis 2050“ des Umweltbundesamtes (1) will die Bundesregierung die Treibhausgasemissionen über alle Sektoren bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 senken. Der Beitrag des Verkehrssektors und die daraus abgeleiteten Handlungsoptionen wurden in der Studie untersucht. In Deutschland wurden gemäß Umweltbundesamtes (UBA) 2019 rund 805 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt – rund 54 Millionen Tonnen oder 6,3 Prozent weniger als 2018. Gründe für diese Entwicklung sind die erfolgreiche Reform des europäischen Emissionshandels, der niedrige Gaspreis, der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie sowie die Abschaltung erster Kohlekraftwerksblöcke. Die CO2-Emissionen des Verkehrssektors lagen im Jahr 2019 mit 163,5 Millionen Tonnen auf einem leicht höheren Niveau als im Vorjahr (+0,7 Prozent). Zwar kamen verbrauchsärmere Fahrzeuge auf den Markt, gleichzeitig nahm aber auch der Kfz-Bestand zu (+1,6 Prozent), sodass in der Summe mehr Benzin und Diesel verbraucht wurde. 

Verkehrs- und Energiewende vonnöten

Um eine starke Senkung der Emissionen bzw. eine CO2-neutrale Logistik zu erreichen, muss eine "Verkehrs- und Energiewende" stattfinden. Die Verkehrswende umfasst Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung, der Verkehrsverlagerung und der Effizienzsteigerung der Verkehrs- und Transportmittel. Letzteres schließt beispielsweise bessere Auslastungsgrade der Fahrzeuge, die energetisch sparsamere Fahrweise und energieeffizientere Verkehrsmittel mit ein. Der Anteil des Schienengüterverkehrs kann gleichzeitig laut Studie bis 2050 im Vergleich zu heute auf mehr als das Zweieinhalbfache gesteigert werden. Die gleichzeitig stattfindende Energiewende bedeutet die Ablösung von fossilen Energieträgern oder die Verwendung von CO2-armen Energieträgern. Die direkte Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern für den Antrieb von Elektromotoren soll zur Norm werden. Daraus folgt die Verdrängung von Verbrennungsmotoren. Da der Weg bis zum All-Electric Aircraft in der kommerziellen Luftfahrt noch sehr weit ist, muss man hier zunächst auf Energieträger wie synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff setzen, die aus erneuerbaren Energien, vorzugsweise regenerativem Strom, hergestellt werden.

Einsparung und Substitution konventioneller Kraftstoffe

Die aus Strom erzeugten Kraftstoffe PtG (Power to Gas) und PtL (Power to Liquid) sind nur mit hohen Energieverlusten zu produzieren. Der Primärenergieverbrauch im Jahr 2050 steigt dadurch gegenüber 2005 um 36 Prozent (bezogen auf den Gesamtverkehr). Durch beide Techniken lassen sich Wasserstoff und Methan beziehungsweise flüssige Kraft- und Rohstoffe herstellen. Wenn der Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt, sind diese Kraftstoffe der Schlüssel für die Energiewende. Die 95-prozentige Treibhausgaseinsparung hängt wesentlich von der Substitution konventioneller durch erneuerbare Kraftstoffe ab. Die Herstellung von PtG und PtL benötigt große Mengen erneuerbaren Stroms, der in diesen Mengen wirtschaftlich in Deutschland nicht produziert werden kann. Insbesondere PtL müsste zukünftig, wie heute Rohöl importiert werden. Zudem muss der Energieverbrauch in der Logistik und Transport-Branche stark reduziert werden (2050 -50 bis -60 Prozent gegenüber 2005), um eine Versorgung des Verkehrs mit erneuerbaren, treibhausgasarmen bzw. -freien Energieträgern zu ermöglichen. Da zudem PtG und PtL-Kraftstoffe teurer sein werden als konventionelle Kraftstoffe heute, ist die Senkung des Endenergieverbrauchs der Transport- und Logistik-Branche zentral. In den nächsten Jahrzehnten wird außerdem ein Sockelbetrag an klimarelevanten Emissionen aus der Landwirtschaft (z. B. Methan, Lachgas) und aus bestimmten industriellen Prozessen nicht vermeidbar sein. Dies ist ein weiterer Grund auf die Verkehrs- und Energiewende zu setzen und sie konsequent voranzutreiben. 

Anreize und Maßnahmen

Damit die Verkehrs- und Energiewende umgesetzt werden kann, sind u. a. Anreize zur Steigerung der Energieeffizienz z. B. über CO2- und Energieverbrauchs-Flottenwerte für Pkw sowie leichte und schwere Nutzfahrzeuge notwendig. Die Umschichtung der Fahrzeugflotte hin zu strombasierten Antriebssystemen sowie zur Schaffung der entsprechenden Ladeinfrastruktur muss ebenso gefördert werden. Weiterhin müssen Maßnahmen zur Vermeidung, Verlagerung und zur effizienteren Verkehrsabwicklung einschließlich des Ausbaus der notwendigen Verkehrsinfrastruktur durchgeführt werden. Der Schlüsselpunkt ist, wie schon erwähnt, der Umbau des Energiesystems auf erneuerbaren Strom und strombasierte Kraftstoffe. Weiterhin sind alle Maßnahmen international einzubetten. Im Vergleich zu allen anderen Sektoren hat es der Verkehrssektor bisher nicht geschafft, die gesamten CO2-Emissionen zu senken. Zwischen 1995 und 2018 stiegen sie laut UBA um 3,7 Prozent (2). Die kilometerbezogenen bzw. spezifischen Emissionen des Treibhausgases CO2 wurden allerdings im Schnitt bei Pkw um neun Prozent, bei Lkw um fast 33 Prozent vermindert. 

Eine Treibhausgasminderung sollte zunächst vorrangig über anspruchsvolle Energieverbrauchsziele und von 2030 bis 2050 durch anspruchsvolle Treibhausgasminderungsziele erfolgen. Eine Minderung des Endenergieverbrauchs kann durch Effizienzsteigerung, Verkehrsverlagerung von Straße auf den Umweltverbund, Schiene oder Schiff, Verkehrsvermeidung, Erhöhung der Auslastung und umfassende Elektromobilität erreicht werden (3). 

Handlungsbedarf aus dem Pariser Abkommen

Der Bericht "Klimaschutz im Verkehr: Neuer Handlungsbedarf nach dem Pariser Klimaschutzabkommen" (4) beschreibt den Handlungsbedarf der nächsten Jahre, um die Entwicklung des Verkehrssektors in Deutschland mit den Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens und des „Klimaschutzplans 2050“ der Bundesregierung zur Deckung zu bringen. Das Paris-Abkommen will den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur auf deutlich unter 2°C begrenzen und langfristig nur noch „Netto-Null-Emissionen“ zulassen. Deutschland muss noch vor dem Jahr 2030 einen Großteil seiner Emissionen einsparen, um die Umwelt zu schützen. Gemäß Bericht "spiegelt sich dieser Handlungsdruck in den Zielen des deutschen Klimaschutzplans oder im europäischen Rahmen für die Klima- und Energiepolitik allerdings nicht wider. Anders gesagt: Deutschland und die EU müssen ihre Anstrengungen für den Klimaschutz deutlich intensivieren." Ohne schnelles Handeln im Verkehrssektor ist die Einhaltung des in Paris beschlossenen Klimaschutzabkommens nahezu unmöglich. Die Ziele aus dem Paris-Abkommen hat die Bundesregierung in ihren „Klimaschutzplan 2050“ aufgenommen. Der Verkehr muss seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 bis 42 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Das Paris-Abkommen fordert eine Umlenkung der weltweiten Finanzströme in klimaverträgliche Investments und spricht damit explizit auch nicht-staatliche Akteure an. Gemäß dem Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung will Deutschland bis 2050 weitgehend treibhausgasneutral bzw. CO2-neutral werden. 

Wie kann ein Logistik-Unternehmen diese Ziele konkret umsetzen?

Eines der wichtigen Ziele der Nachhaltigkeit in der Logistik ist, CO2-neutral zu wirtschaften. Transport-Unternehmen und Logistiker werden langfristig nur durch eine nachhaltige Geschäftsausrichtung wettbewerbsfähig bleiben. Viele Logistiker laufen Gefahr, ohne klar bestimmte Nachhaltigkeitsziele bzw. CO2-Reduktions-Ziele ihre Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen. Zentraler Grund für die betriebswirtschaftliche Relevanz der Nachhaltigkeit sind die fortwährend steigenden Energiepreise. Zudem fragen Kunden zunehmend nach nachhaltigen Dienstleistungen. Was können Logistik-Unternehmen nun tun, um CO2-neutral zu werden?  

Einerseits müssen die eingesetzten Fahrzeuge energieeffizienter werden und außerdem muss mittelfristig der Umstieg auf Elektroantriebe erfolgen. Der Kraftstoffverbrauch kann u. a. durch die Vermeidung überflüssiger Transportwege (z. B. durch Transportwegeoptimierung durch Künstliche Intelligenz), Fahrerschulungen zum Umgang mit Fahrzeugen (Senken des Kohlendioxid-Ausstoß um bis zu vier Prozent), Einsatz von Reifen mit kleinerem Rollwiderstand und ein regelmäßige Reifendruckkontrolle (Einsparungen bis zu sechs Prozent möglich) reduziert werden. 

Weiterhin bietet sich die Optimierung der Anzahl der Niederlassungen, die Zusammenarbeit mit nachhaltigen Dienstleistern, die Nutzung klimaneutraler Transport- und Versandarten, die Vermeidung von Leerfahrten und eine optimierte verlustfreie Beladung von Transportfahrzeugen an, um Kohlendioxid zu reduzieren und die Umwelt zu schonen. 

Auch ganze Logistikzentren können energieeffizient gestaltet werden. Grundsätzlich wird ein energieeffizientes Logistikzentrum von zwei Säulen getragen: 

  • eine CO2-neutrale Energiebereitstellung (Nutzung regenerativer Energiequellen und überschüssiger Prozessenergie) 

  • eine effiziente Energienutzung (energieeffiziente Gebäudestruktur und Förder- bzw. Gebäudetechnik) 

Dazu muss eine ganzheitliche Betrachtung der Energiebedarfe und Energiekreisläufe im Logistikzentrum erfolgen. Die Energieverbräuche und -kosten müssen genaustens aufgeschlüsselt werden. Neue technische Lösungen in den Teilbereichen der Fördertechnik und Gebäudetechnik leisten einen Beitrag zur Energieeffizienz. Das Logistikzentrum sollte schon bei Neubau ganzheitlich geplant werden. Neben den genannten Säulen ist auch die Sensibilisierung der Mitarbeiter für das Thema Klimaschutz ratsam, denn sie können dabei helfen, Energie einzusparen, wo es möglich ist.  

Kompensation von noch vorhandenen Treibhausgas-Emissionen

Ein Instrument des Klimaschutzes ist die Kompensation von aktuellen immer noch vorhandenen Treibhausgas-Emissionen im Unternehmen. Die Kompensation erfolgt über die Verringerung von Treibhausgas-Emissionen an anderer Stelle oder durch die dauerhafte Speicherung von CO2 in Kohlenstoffsenken. Zu diesem Zweck dienen Klimaschutz-Projekte, die den Ausstoß von klimarelevanten Gasen vermeiden. Beispielsweise kann dies der Einkauf von CO2-neutraler alternativer Energie von Wasserkraft-, Windkraft- oder Solarprojekten in Entwicklungsländern sein. Der Transfer der Kompensationszahlung zum Klimaschutz-Projekt wird mit sogenannten Zertifikaten gesteuert. Der Besitz eines Zertifikates steht dabei für eine gewisse Menge (meist eine Tonne) Kohlendioxid, die durch ein Projekt eingespart wird. Nicht jedes Unternehmen hat die Möglichkeit, alternativen Strom selbst in großen Mengen flächendeckend zu erzeugen und damit Kohlendioxid-Emissionen zu vermeiden. Von daher ist eine Investition in Zertifikate eine gute Möglichkeit, freiwillig CO2-Emissionen zu kompensieren. Eine vorteilhafte Maßnahme der Kundenwerbung und -bindung ist auch, die Kunden über die Klima-Projekte entscheiden zu lassen, in die investiert wird. 

Literatur:

1 Bergk, F.; Biemann, K.; Heidt, C.; Ickert, L.; Knörr, W.; Lambrecht, U.; Schmidt, T.; Schmidt, P.; Schmied, M.; Weindorf, W. 2016: Klimaschutzbeitrag des Verkehrs bis 2050. Studie im Auftrag des Umweltbundesamts 2016. ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU); Infras; LBST-Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH. 

2 Emissionen des Verkehrs, Umweltbundesamt (UBA), 17.02.2020, Dessau-Roßlau, Link 

3 Randelhoff Martin, Zukunft Mobilität, [Klimaschutz im Verkehr] Wie kann eine Dekarbonisierung des Verkehrssektors gelingen? (UBA KSBV 2050), 23.04.2019, Link 

4 Bergk, F.; Knörr, W. und Lambrecht, U. 2017: Klimaschutz im Verkehr: Neuer Handlungsbedarf nach dem Pariser Klimaschutzabkommen. Teilbericht des Projekts „Klimaschutzbeitrag des Verkehrs 2050“. Im Auftrag des Umweltbundesamts. UBA-TEXTE 45/2017. ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU). 

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