Einsatzmöglichkeiten von KI in der Logistik

Künstliche Intelligenz gilt als Schlüsseltechnologie mit weitreichenden Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit. Die Logistik bietet u.a. Anwendungsbereiche in der Predictive Logistics, Smart Warehouses, Robotik.

Künstliche Intelligenz (KI) ist als Zukunftstechnologie in aller Munde und weckt bei einigen Menschen nicht nur positive Gefühle. Allerdings steckt die auf selbstlernenden Algorithmen basierende Technologie schon in vielen alltäglichen Anwendungen und Produkten. Beispiele sind: Sprachassistenten, Smart Home, Musikstreaming, Facebook-Feed und -Ads, der Vorschlagsalgorithmus für Produkte bei Amazon, Sprachübersetzung, Bilderstellung/ -erkennung, Assistiertes und Autonomes Fahren und Navigation. Zu den Teilgebieten der Artificial Intelligence (1) gehören mittlerweile viele Teilbereiche, deren Anzahl beständig wächst: Bots, Predictive Maintenance, Data Mining, Process Mining, Neuronale Netze, Machine Learning, Deep Learning, u. v. m... Deep Learning mit Hilfe neuronaler Netze ist der derzeit vielversprechendste Ansatz in der Künstlichen Intelligenz und wiederum ein Ansatz innerhalb des Machine Learning. 

Künstliche Intelligenz steigert Wettbewerbsfähigkeit

Das McKinsey Global Institute (MGI) sieht die Künstliche Intelligenz als wichtigen Antreiber für ein weltweites Wirtschaftswachstum. Für die Studie "Artificial Intelligence - The next digital frontier"(2017, 2) wurden 3000 Unternehmen aus 14 Branchen befragt. Laut der Studie sind die fünf KI-Technologien, die künftig am häufigsten von Firmen eingesetzt werden, automatische Bilderkennung, natürliche Sprache, virtuelle Assistenten, Roboter-basierte Prozessautomatisierung und fortgeschrittenes Maschinelles Lernen. Bis 2030 werden zirka 70 Prozent der Unternehmen mindestens eine dieser KI-Technologien nutzen. Unternehmen, die die KI-Technologien früh implementieren können gemäß den Autoren der Studie ihren Cashflow verdoppeln, während Nachzügler einen Rückgang ihres Cashflows um etwa 20 Prozent gegenüber dem heutigen Niveau verzeichnen müssten. 

Auch deutsche Firmen haben den Zug der Zeit erkannt. Gemäß dem Digitalverband Bitkom geht mittlerweile jedes zweite deutsche Unternehmen davon aus, dass Machine Learning bzw. Künstliche Intelligenz die aktuellen Geschäftsmodelle nachhaltig verändern wird. 90 Prozent der Firmen geben an, dass Big Data und Datenanalyse von sehr großer oder eher großer Bedeutung für die künftige Wettbewerbsfähigkeit deutscher Firmen sein. Vor einem Jahr waren es erst 83 Prozent. Dahinter rangieren das Internet of Things mit 81 Prozent (2019: 79 Prozent) und der 3D-Druck mit 72 Prozent (2019: 68 Prozent). Deutliche Anstiege gibt es auch bei autonomen Fahrzeugen von 57 auf 68 Prozent und bei Künstlicher Intelligenz von 60 auf 67 Prozent. Trotzdem hatte nur jedes vierte Unternehmen (24 Prozent) zu Beginn des Jahres geplant, gezielt in die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle zu entwickeln.  

Die drei größten Hürden beim Einsatz neuer digitaler Technologien sind nach Ansicht der Firmen Anforderungen an den Datenschutz (79 Prozent, 2019: 74 Prozent), die Anforderungen an die technische Sicherheit (63 Prozent, 2019: 57 Prozent) sowie fehlende Fachkräfte (55 Prozent, 2019: 48 Prozent). Mit deutlichem Abstand folgen Zeitmangel im Alltagsgeschäft (33 Prozent), fehlende finanzielle Mittel (25 Prozent) und das Fehlen marktfähiger Lösungen (18 Prozent).

Künstliche Intelligenz stabilisiert Wirtschaft während Corona-Pandemie

„Die Corona Krise hat uns die Bedeutung digitaler Technologien für Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft sehr klar vor Augen geführt. Die Krise ist ein Weckruf, die Digitalisierung nun massiv voranzutreiben. Wir haben uns in der Vergangenheit zu viel Zeit bei der Digitalisierung gelassen", sagte der Bitkom-Präsident Achim Berg. Er fügte an: „Wir müssen jetzt schon an die Zeit nach der Corona Krise denken und überall die Weichen in Richtung Digitalisierung stellen. Wir können aktuell sehr schön sehen, dass stärker digitalisierte Unternehmen und die Digitalwirtschaft sehr viel mehr sind als ein Wachstumsmotor. In Krisenzeiten sind sie weniger anfällig, sie stabilisieren die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt.“ Laut einer Studie von TCS und Bitcom (3) hat eine Mehrheit der Firmen (75 Prozent) aufgrund der Pandemie ihre Investitionen bereits gesteigert. Nur bei einer Minderheit (7 Prozent) wird vorerst die digitale Transformation aufgrund fehlender Finanzen ausgebremst. 

Künstliche Intelligenz in der Logistik-Branche

Auch wenn der Begriff und das Forschungsgebiet "Künstliche Intelligenz" schon seit den 50er-Jahren bekannt ist, ist der aktuelle Boom in der Künstlichen Intelligenz eine Folge der nun günstig erhältlichen leistungsfähigen Hardware. Erst jetzt stehen Prozessoren, High-Speed-Netzwerke und Big-Data-Speichermöglichkeiten zur Verfügung, die die praktische Umsetzung vieler theoretischer Überlegungen möglich machen. KI und deren Algorithmen eignen sich besonders für den Einsatz in der Logistik, da die weitverzweigten Logistik-Netzwerke das ideale Anwendungsfeld für Künstliche Intelligenz bieten. Die Ursache-Wirkungsbeziehungen in diesen Netzwerken sind sehr gut berechenbar und vorhersagbar. 

„Die Logistik ist bereits heute einer der am stärksten digitalisierten Unternehmensbereiche. Aber mit Drohnen, autonomen Systemen und Artificial Intelligence steht der Logistik nicht nur eine Optimierung von Geschäftsprozessen bevor, sondern eine echte Revolution“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage (4) unter 508 Unternehmen mit Logistikprozessen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass zwei Drittel (65 Prozent) der befragten Firmen glauben, dass selbstlernende KI-Systeme viele Aufgaben in der Logistik wie z. B. die Planung der besten Route oder das Auslösen von Bestellvorgängen übernehmen werden. 75 Prozent rechnen damit, dass Datenbrillen die Beschäftigten in der Logistik unterstützen werden. Sechs von zehn (58 Prozent) Firmen erwarten, dass autonome Drohnen die Inventur des Lagerbestands durchführen werden. Ähnlich viele (57 Prozent) gehen davon aus, dass die Waren mit autonomen Fahrzeugen transportiert werden. Vier von zehn (42 Prozent) sind der Meinung, dass Drohnen und Lieferroboter die Produkte sogar bis zum Kunden bringen. 

Die Unternehmen schätzen die vielen Vorteile der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz. 89 Prozent erwarten langfristig eine Senkung der Logistikkosten und eine Beschleunigung des Transports (86 Prozent). 72 Prozent rechnen mit weniger Fehlern in der Transportkette und 58 Prozent einen umweltschonenderen Transport. Die Digitalisierung insgesamt sehen 88 Prozent als Chance, nur elf Prozent als Risiko. 

Im Folgenden werden einige Beispiele für den Einsatz von KI in der Logistik und Intralogistik vorgestellt. 

Predictive Logistics

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz im Bereich der Logistik ist besonders für die Vorhersage über künftige Zustände des Logistik-Netzwerks sinnvoll. 

Mit selbstlernenden Algorithmen der KI lassen sich große Datenmengen (Big Data) auswerten, die das Kundenverhalten in der Vergangenheit beschreiben. Durch erkannte Muster in diesen Daten ist es möglich, das Eintreffen von bestimmten Ereignissen (Bestellverhalten, etc.) mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorauszusagen (Predictive Analysis). Dank dieser voraussagenden Analyse können computergenerierte Modelle des Logistiksystems (z. B. der Lieferkette) für die Zukunft erstellt werden. Daraus lassen sich intelligente Entscheidungen über künftige Handlungen in diesem Bereich ableiten. Beispielsweise kann vorausgesagt werden, in welcher Region ein bestimmter Artikel besonders häufig bestellt werden wird. Daraus lassen sich für die Logistik Aussagen über den benötigten Lagerplatz, Lkw, Lagerarbeiter, etc. treffen und bestimmte Handlungen ableiten. Z. B. können Artikel, bevor sie bestellt werden schon in einem Lager in Wohnortnähe der Kunden eingelagert und damit die Lieferzeiten verkürzt werden. Auch das gesamte Supply Chain Risk Management lässt sich antizipatorischer gestalten. So können Live-Daten aus der Lieferkette, die etwa Tracking-Sensoren über den Zustand des Transportguts liefern, oder Verkehrsmeldungen in die Datenmodelle einfließen und entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Es handelt sich hier also um eine simulationsbasierte intelligente Planung, die nicht nur die Logistikbranche, sondern auch viele andere Branchen bereits revolutioniert.

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KI-Roboter

Mit Künstlicher Intelligenz bzw. Deep Learning-Algorithmen ausgestattete Roboter können intelligente autonome Entscheidungen hinsichtlich Identifizierung, Analyse und Zählungen von Gütern sowie deren Manipulierung und den Transport fällen. Beispielsweise kann mithilfe von Robotik der Bestand in den Lagern verfolgt, lokalisiert und verschoben werden. Kommissionier Roboter, Beschickungsroboter und Cobots (Kollaborative Roboter) werden die Zukunft in der Intralogistik prägen. Autonome Kommissionier Roboter lohnen sich vor allem bei kleinen Losgrößen - z. B. im Onlinehandel. Cobots unterstützen zunehmend Menschen bei ihrer Arbeit im Lagerhaus. Es existieren u. a. Cobots, die Mitarbeiter innerhalb einer Kommissionier Zone zu den Artikeln führen. Die KI-gesteuerte Lösung steigert nicht nur die Kommissionier Raten um 200 bis 300 Prozent, sondern unterstützt Kommissionierer dabei, schneller und genauer zu arbeiten. 

Autonome Fahrzeuge

Autonomes Fahren bezeichnet das vollständig automatisierte Fahren eines Fahrzeugs ohne Fahrer. In der Intralogistik werden Autonome Fahrzeuge als Fahrerlose Transportsysteme (FTS) bezeichnet. Mittels FTS lässt sich die Zahl von Leer- und Falschfahrten massiv reduzieren, weil die Fahrzeuge automatisch zum richtigen Regal fahren. Dabei orientieren sie sich an verschiedenen Technologien, wie beispielsweise Indikationsstreifen, Präzisionslasern, Reflektoren oder einfachen Klebebandspuren. Während die meisten intralogistischen Lager heute noch auf Flurförderfahrzeuge wie Stapler setzen, deren Fahrer auf Sicht und Zuruf fahren, folgen FTS einem automatisch programmierten Weg. Dazu lässt sich beispielsweise eine Sichtspur nutzen, der ein FTS auf seinem Weg folgen kann. Engpässe, Zusammenstöße oder sonstige Behinderung im Arbeitsablauf lassen sich damit fast gänzlich eliminieren. Das macht die Intralogistik eines Unternehmens schneller und effizienter. Die Herausforderung liegt dabei allein in der Schaffung einer offenen Infrastruktur. In der Transportlogistik können u. a. autonome Fahrzeuge und Drohnen bei der Paketzustellung eingesetzt werden. 

Visual Artificial Intelligence

Zur Schadensfindung und Klassifizierung kann eine sog. Visual Artificial Intelligence eingesetzt werden. Sie ist viel schneller und genauer als menschliche Schadensprüfer. Ein Beispiel ist der Einsatz von Visual Artificial Intelligence beim Internetgiganten Amazon. Hier werden Container mit Gegenständen innerhalb kürzester Zeit entladen und der Inhalt kategorisiert. 

Die Visuelle Künstliche Intelligenz bzw. Deep Learning-Technologie kann zur Objekterkennung ohne Barcodes, zum Zählen und Messen von Produkten eingesetzt werden. Dadurch kann z. B. der Wareneingang durch die selbstständige Identifizierung von Produkten, Ermittlung von Produktabmessungen und Gewicht und ggf. Lesen zusätzlicher Informationen automatisiert werden. Packprozesse können beispielsweise durch den Wegfall des Scannens von Produkten und die Anzeige des 3D Verpackungsschemas oder das automatische Scannen vieler Barcodes und QR-Codes auf einmal beschleunigt werden. Objekte können via KI und Computer Vision gleichzeitig gezählt und vermessen werden. 

Smart Warehouse

Im Herzen eines Smart Warehouse befindet sich ein intelligentes Lagerverwaltungssystem (LVS) zur Steigerung der Produktivität und Effizienz. Es visualisiert und nutzt konsequent Daten über logistische Objekte, deckt Anomalien auf, bevor es zu Problemen kommt und verarbeitet die Informationen, um effiziente Optimierungen wie z. B. Wegezeitenreduktion zu erreichen. In das smarte LVS werden Automatisierungslösungen wie KI-Roboter, FTS, Visual Artificial Intelligence, RFID, Pick-by-Lösungen, Argumented-Reality-Brille, u. v. m. integriert. Auch kann durch die Integration von Smart Grids zur Stromeinsparung und intelligente Kühl- und Heizsysteme enorm Energie eingespart werden. 

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Literatur:

1 Wie Künstliche Intelligenz die Logistik revolutioniert, Bito-Fachwissen, Link 

2 Bughin Jacques et al., Artificial Intelligence - The next digital frontier, McKinsey Global Institute, 2017, San Francisco Amsterdam Shanghai 

3 Deutschland lernt KI - Wie Unternehmen digitale Technologien einsetzen, Bitkom Research GmbH und Tata Consultancy Services, 2020, Frankfurt, www.studie-digitalisierung.de   

4 Dr. Rohleder Bernhard, Digitalisierung in der Logistik, Präsentation, März 2017, Bitkom e.V., Berlin, download 

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