Dezentrale Retourenabwicklung in der Fashion-Logistik

In der Modebranche führen Omnichannel-Modelle zu einer komplexen Retourenabwicklung. Wichtig sind hier die Retourenvermeidung und der Einsatz von effizienten automatisierten Sortiersystemen.

Die E-Commerce-Branche und insbesondere der Online-Handel in der Fashion-Industrie haben mit einer immensen Flut an Retouren zu kämpfen. Mit einer Retourenquote von 56 Prozent liegt die Fashion-Branche ganz vorne bei den kostenintensiven Rücksendungen durch Kunden. Retouren und eine effiziente Reverse Logistics gehören im Mode-Business sozusagen zum Geschäftsmodell. Der Omnichannel-Ansatz im E-Commerce bzw. der Modebrache führt zu einer weiteren Steigerung der Komplexität der Retourenabwicklung. 

Omnichannel-Ansatz führt zur komplexen Retourenabwicklung

Durch den Verkauf der Mode-Produkte über verschiedene Online- und Offline-Kanäle kann die Ware durch den Kunden sowohl direkt zum Hauptlager zurückgesendet oder auch in einem Einzelhandelsgeschäft abgegeben werden. Dieses sendet die Produkte dann ebenfalls zum Hauptlager. Die Retouren müssen geöffnet, bearbeitet, gescannt, beurteilt und sortiert werden, bevor sie wiederverpackt und erneut mit Labeln versehen werden können. Die Retourenabwicklung ist sehr arbeitsaufwendig und daher teuer. Waren die durch Kunden direkt an das Hauptlager zurückgesendet werden, sind u. a. aufgrund ihrer großen Anzahl besonders schwer zu bearbeiten. Hier ist häufig auch der Grund der Rücksendung seitens des Kunden nicht bekannt. Zudem werden sie ohne Warenrücksendegenehmigung (Return Merchandise Authorization, RMA) retourniert. Auch an jedem Saison-Ende werden unverkaufte Artikel in größeren Mengen an das Hauptlager zurückgesendet und müssen der Retourenabwicklung zugeführt werden. Diese Retouren sind allerdings leichter zu bearbeiten, da der Grund der Rücksendung bekannt ist und sie in einem meist sehr guten Zustand sind. 

Retouren verringern und Kosten senken

Ein wichtiger Teil der Retourenabwicklung ist, den Grund der Rücksendung zu erfahren und daraus zu lernen. Dadurch lässt sich potenziell die Zahl der Retouren in Zukunft verringern. Kunden, die durch häufige Bestellungen und Rücksendungen auffallen, können angemahnt, abgestraft oder auch völlig von Bestellungen ausgeschlossen werden. Rücksendungen von Paketen können auch durch zusätzlich an den Kunden übermittelte Informationen vermieden werden. Dazu eignen sich der Online-Shop (Videos, Größentabellen, etc.), eine stets erreichbare Kunden-Hotline für Rückfragen und eine 3D-Avatar-Software " (z. B. Pictofit"-AR-Engine, 1) für die virtuelle Anprobe von Kleidern mittels Tablets oder Smartphone. Zudem verhilft Virtuelle Realität (VR) auch zu einem gesteigerten emotionalen Verkaufserlebnis und daher zusätzlichen Verkäufen. Die bessere und realere Produktpräsentation im Vergleich zu Bildern oder Videos senkt zudem die Retourenquote. 

Nicht nur in der Modebranche können Kosten durch die Minderung von Transport- und Arbeitskosten sowie durch die Verkürzung der Bearbeitungszeit von Retouren gesenkt werden. Der Schlüssel zur Senkung von Arbeitskosten ist natürlich Automatisierung. Ein großer Teil der Arbeitskosten entsteht durch Hin- und Hertransportieren der Ware durch Mitarbeiter und Flurförderzeuge. Ein ausgefeiltes automatisiertes Handlings- und Sortiersystem kann die Arbeitskosten enorm senken. Insbesondere in Zeiten von Personalknappheit hilft Automatisierung auch das Personalproblem zu lösen. Sortiersysteme wie beispielsweise Taschensorter können eine große Anzahl von Retouren bzw. Paketen bewältigen. Taschensorter hängen von der Decke und sparen Platz am Hallenboden, der für andere Zwecke genutzt werden kann. Die Identifizierung der Information auf dem Retouren-Etikett ist automatisiert und die Ware kann so vorsortiert und besser bearbeitet werden. Die Mode-Artikel werden sorgsamer gehandelt. Für Artikel die schnell wieder an Kunden verkauft werden, dient der Sorter als Zwischenspeicher (keine erneute Einlagerung notwendig). Nicht zuletzt können alle Daten einer Datenanalyse durch Künstliche Intelligenz zugeführt werden. Das Sortiersystem erkennt den Artikel und transportiert ihn selbständig zum Zielort im Lagerhaus. 

Durch Retourenmanagement Kundenbindung stärken

Manche Modehändler sehen Retouren nicht nur negativ, sondern eben als Teil des Geschäftsmodells (2). Wenn Kunden Pakete zurücksenden bzw. andere Mode-Artikel behalten, entsteht kontinuierlich ein immer akkurateres Kundenprofil über dessen Bedürfnisse. So können sukzessiv immer passendere automatisierte Produktvorschläge auf der Webseite oder auch via Newsletter gemacht werden, die dann wiederum zu zunehmenden Verkäufen führen. Auch kann das Retourenmanagement besser geplant werden, wenn die Kunden frühzeitig mitteilen, welche Artikel sie zurücksenden werden. Ein positives Erlebnis des Kunden im Bereich Rücksendung der Retouren, sprich Einfachheit und reibungsloser Ablauf, trägt generell zu häufigeren Bestellungen in der Zukunft bei. 

Literatur:

1 Bito Fachwissen, Besonderheiten des E-Commerce in der Fashion-Branche, Link 

2 Anspach Michael, Fashion Logistics, Interview: „Retouren gehören bei uns dazu“, Logistik Heute, April 2019, Link 

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