Lagersysteme für KMU

Kleine und mittlere Unternehmen haben besondere Anforderungen an Lagersysteme. Besonders wichtig sind geringe Anschaffungs- und Betriebskosten, Flexibilität und Skalierbarkeit.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben besondere Anforderungen an Lagersysteme. Besonders wichtig sind geringe Anschaffungs- und Betriebskosten, Flexibilität und Skalierbarkeit. Auf der anderen Seite muss eine optimale Kundenbelieferung, ein schneller Auftragsdurchlauf und eine geringe Fehlerquote realisiert werden. Vor der Bestimmung von geeigneten Lagersystemen für den Mittelstand sollen aber die Begriffe Lagersystem und KMU besser definiert werden. 

Definitionen Lagersystem und KMU

Unter einem Lagersystem versteht man ein Gesamtsystem zur Lagerung und Organisation aller Anlagen und Güter eines Unternehmens. Dazu gehören nicht nur die Mitarbeiter, Regalsysteme, Behälter und Kommissioniersysteme, sondern auch das Lagerverwaltungssystem (LVS), Flurförderzeuge und Förderbahnen, u. v. a. m. 

Für die Europäische Union existiert eine recht genaue Definition für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Laut EU-Empfehlung 2003/361 darf ein KMU nicht mehr als 249 Mitarbeiter besitzen. Der Umsatz pro Jahr darf höchstens bei 50 Millionen Euro und die Bilanzsumme maximal bei 43 Millionen Euro liegen. Für die Bundesregierung sind alle Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten und mit einem Umsatz von unter 50 Millionen Euro KMU. Kleinstunternehmen haben maximal neun Mitarbeiter und erwirtschaften höchstens einen Umsatz von zwei Millionen Euro (Bilanzsumme max. zwei Millionen Euro). Ein Kleinunternehmen beschäftigt bis zu 49 Mitarbeiter (Umsatz bzw. Bilanzsumme max. 10 Millionen. Hierzulande sind fast 99 Prozent aller Unternehmen KMU. Rund 70 Prozent aller Arbeitnehmer in der deutschen Wirtschaft sind in KMU beschäftigt. 

Kriterien für geeignete Lagersysteme für KMU

Da der Großteil der Unternehmen in Deutschland KMUs sind, sind die folgenden Kriterien also für die meisten Unternehmen des Mittelstands gültig. Je kleiner ein Unternehmen, desto bedeutender werden einige dieser Kriterien. Besonders kleine Unternehmen des Mittelstands verfügen häufig über geringe Kapitalressourcen. Daher sind für diese möglichst geringe Anschaffungs- und Betriebskosten für ein Lagersystem entscheidend. Auch muss der oft sehr kleine zu Verfügung stehende Raum optimal ausgenutzt werden. Auch wenn Digitalisierung und Automatisierung in den Unternehmen des Mittelstands Einzug halten, muss die Frage nach dem Grad der gewünschten und sinnvollen Automatisierung gestellt werden. Dabei hat generell die Einführung eines LVS viele Vorteile. Für Start-Ups, kleine Unternehmen, Kleinstunternehmen aber auch mittleren Unternehmen ist die Skalierbarkeit und Flexibilität des Lagersystems besonders wichtig. D. h. das System muss mit dem Unternehmen mitwachsen können. Zudem muss es saisonale und andere Verkaufsspitzen bewältigen können. Durch ein optimal ausgewähltes Lagersystem lassen sich die Lagerabläufe bzw. Prozesse im Lager optimieren. D. h. unter anderem können auch die Lagerbestände für jeden Artikel optimiert werden. Die Kapitalbindung im Lager wird verringert und damit die Liquidität des Unternehmens gesteigert. Nicht zuletzt lässt sich durch ein optimales System auch die Kundenzufriedenheit steigern, da die Auftragsdurchlaufzeiten und die Fehlerquoten sinken. 

Geringe Kosten

Natürlich sind die Investitionskosten bei einfachen Lagersystemen mit Fachboden- oder Palettenregalen am geringsten. Sie sind daher im Mittelstand weit verbreitet. Allerdings heißt das nicht, dass es sich dabei immer um die beste Wahl des Regal- bzw. Lagersystems handelt. Andere Kennzahlen wie der Lieferbereitschaftsgrad, Auftragsdurchlaufzeiten, Fehlerquote, Raum- bzw. Flächennutzungsgrad sind ebenfalls entscheidend. Die Auftragsdurchlaufzeiten (bei der Kommissionierung) sind besonders bei Ware-zu-Mann-Systemen (2) kurz, was allerdings fast immer eine Automatisierung des Lager- und Regalsystems voraussetzt. Eine Ausnahme sind hier Durchlaufregale. Die Automatisierung senkt zudem die Fehlerquote, steigert damit die Kundenzufriedenheit aber erhöht die Investitionskosten beträchtlich. Lösungen sind beispielsweise Automatische Kleinteilelager (AKL) und Paternoster- bzw. Umlaufregallager, Automatische Hochregallager (HRL) sowie Automatische Turmregallager. 

Optimale Raum- bzw. Flächennutzung

Die beste Raumnutzung (3) erzielen Mehrgeschossanlagen (MGA), Hochregallager und Shuttle- bzw. Autostore-Lagerlösungen. MGA sind aufgrund der fehlenden Automatisierung im Vergleich zu den anderen Lösungen kostengünstig und daher besonders für Unternehmen des Mittelstands geeignet. Trotzdem kann eine schnelle Kommissionierung (von Stückgütern) auf mehreren Ebenen stattfinden. MGA arbeiten nach dem Mann-zu-Ware-Prinzip. Aufgrund des hohen Automatisierungsgrades und dem Ware-zu-Mann-Prinzip erfolgt die Ein- und Auslagerung von Artikeln bei Shuttle- und Autostore-Lagerlösungen relativ schnell. Die Raumnutzung ist besonders beim Autostore sehr groß. Die Lagerplatzzuweisung kann chaotisch erfolgen und die Ware kann auch nicht sortenrein gelagert werden. Generell sind bei allen automatisierten Lagern LVS nötig. Die Anschaffungskosten liegen bei Shuttle- und Autostore-Lagern hoch. Große Raumnutzung, geringe Fehlerquote, hoher Automatisierungsgrad und hohe Investitionskosten gelten ebenso für das Automatisierte Hochregallager. Allerdings können hier auch Paletten eingelagert und teilautomatisierte Lösungen (z. B. eine staplergestützte Automatisierung) verwirklicht werden. 

Frage nach dem Grad der Automatisierung

Grundsätzlich sollte man sich darüber klar werden, welchen Grad der Automatisierung (4) man im eigenen Unternehmen anstrebt. Eine Automatisierung des Lagerbetriebs erfordert hohe Investitionskosten, ist aber im Zeitalter der Digitalisierung bzw. Industrie 4.0 ein wichtiger Überlebens- und Wettbewerbsfaktor. Unternehmen des Mittelstandes die hier investieren, werden mit großer Wahrscheinlichkeit zu den Gewinnern gehören. Ein automatisches Lager steigert nicht nur die Kundenzufriedenheit aufgrund einer schnelleren Belieferung und einer geringeren Fehlerquote. Langfristig werden auch die Betriebs- und Auftragskosten gesenkt, wodurch sich die Maßnahmen amortisieren. Ein automatisches Lager führt zu einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Lagerhaltung durch Erhöhung des Lagerumschlages, Reduzierung der Lagerbestände und besseren Auslastung der Lagereinrichtungen sowie die Verkürzung von Lieferzeiten durch schnellere Auslagerung. Allerdings wird zur Steuerung des Lagersystems ein LVS benötigt. Eine schnellere Kommissionierung und eine geringere Fehlerquote können auch mit teilautomatisierten Systemen wie z. B. durch kleine flexible Lösungen wie Fahrerlose Transportsysteme (FTS), Shuttle-Systeme oder Cobots erreicht werden. Für die (Teil-)Automatisierung von Lagern existieren einige Voraussetzungen. U. a. sollte ein möglichst durchgängiger Betrieb herrschen und Soll-Prozesse müssen klar sowie validiert sein. 

Flexibilität und Skalierung

Wenn das eigene Unternehmen insgesamt wächst, muss auch das Lagersystem unbedingt skalierbar sein. Darüber hinaus muss es flexibel sein, was Erweiterbarkeit, Anpassung an Auftragsspitzen, Änderungen im Artikelsortiment, etc. umfasst. Fachboden- und Palettenregale, Durchlaufregale und MGA sind leicht erweiterbar und können so mit dem Artikelsortiment bzw. bei verstärkter Nachfragesituation mitwachsen. Individuelle Gestaltungen sind möglich, wobei die Fläche und die Höhe der Lagerhalle gut ausgenutzt werden kann. Sie eignen sich besonders für kleine und mittlere Unternehmen, die (noch) nicht in weitreichende Automatisierungslösungen investieren wollen. Fachboden- und Palettenregale lassen sich auch nachträglich z. B. mit Lager- und Kommissionierrobotern automatisieren. MGA sind für besonders viele Artikel und ein ständig wachsendes Artikelsortiment geeignet. Sie können leicht mit Zubehör wie Wendelrutschen, Aufzügen, Treppen, etc. erweitert werden. Fachboden- und Palettenregale sind vielseitig einsetzbar und leicht montierbar (Steck- oder Schraubprinzip). Zudem werden sie auch als Schwerlastvarianten angeboten. 

Auch Shuttle- und Autostore-Lagersysteme sind gut skalierbar. Die Lagerleistung kann durch die Verwendung von zusätzlichen Shuttles, Grid-Ausbau und zusätzliche Behälter angepasst werden. Sie können ohne Betriebsunterbrechung modular erweitert und an die Raumbedingungen adaptiert werden. 

Großes Optimierungspotenzial

Besonders durch die Einführung eines LVS (5) kann die Lagerhaltung in kleinen und mittleren Unternehmen insgesamt optimiert werden. Es ist Voraussetzung für eine (Teil-)Automatisierung (6). Ein LVS gibt umfassende Transparenz über die Lagerbestände aller Artikel. Die Zuweisung von Lagerplätzen (auch chaotisch) wird optimiert. Die Steuerung und Verwaltung des Lagers werden vereinfacht, fehlerärmer und wesentlich effizienter. Weitere Vorteile sind schneller Datenaustausch, kurze Reaktionszeiten, Prozesssicherheit, Anpassung und Flexibilität des Betriebs und die Möglichkeit zur Vernetzung von Filialen und Tochterunternehmen. Eine optimierte Lagerhaltung (7) führt zu einer Optimierung der Bestände, geringeren Kapitalbindung, Senkung von Raumkosten, besseren Mitarbeitereinsatz, u. v. a. m. Nachteilig sind besonders die hohen Kosten für die Einführung des Systems. Allerdings kann das ganze Lagersystem optimiert und Regalsysteme für eine bessere Funktionalität ergänzt bzw. umgebaut werden. 

Literatur:

1 Wann gilt ein Betrieb als Klein- und Mittelunternehmen?, FranchisePortal GmbH, Link 

2 Bito Fachwissen, Was sind Lagersysteme?, Link 

3 Bito Fachwissen, Lagersysteme für Start-Ups + Checkliste "Wie wähle ich das passende Lagersystem aus?" 

4 BITO Fachwissen, Wann macht Automatisierung im Lager Sinn?, Link 

5 Lagerverwaltung durch Software oder Excel?, Einzelhandels News, Link 

6 Das automatische Lager für KMU: alle Vorteile, Modula, Link 

7 5 Tipps, wie Sie Ihr Lager optimieren und Kosten senken, ERP-Blog für KMU, Link 

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