Digitalisierung von Lagerprozessen mit einem WMS

WMS gelten neben Fahrerlosen Transportsystemen als initiale Maßnahme für die Automatisierung der Intralogistik eines Unternehmens. Ein WMS bildet die kompletten innerbetrieblichen Material- und Informationsflüsse ab.

Die internationale Konkurrenz und der Zwang Prozesse immer effizienter zu machen, war letztendlich der Grund für die Entwicklung des Industriestandards 4.0. Neben der Digitalisierung, Vernetzung, BIG Data und Künstlicher Intelligenz (KI) ist die Automatisierung eine der Hauptsäulen von Industrie 4.0. Warehouse Management Systeme (WMS) bzw. Lagerverwaltungssysteme (LVS) gelten neben Fahrerlosen Transportsystemen (FTS) als initiale Maßnahme für die Automatisierung der Logistik bzw. Intralogistik eines Unternehmens. Ein WMS koordiniert alle Prozesse und eignet sich ebenfalls für die Kombination von manuellen und automatisierten Abläufen im Lager (1). Auch eine Teilautomatisierung kann für viele Unternehmen lohnend sein. Umfassende monolithische Lösungen mit hohem Technisierungsgrad sind häufig aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und aufgrund von drohendem Flexibilitätsverlust keine gute Lösung. Bei der Teilautomatisierung werden die Investitionen auf die Bereiche konzentriert, die den größten (wirtschaftlichen) Nutzen durch die Automatisierung bringen. Dadurch bleiben die Investitionen im Rahmen und die Amortisationszeiten kurz. 

Unterschied zwischen WMS und „Lagermodulen“ in ERP

Ein ERP-System (Enterprise Ressource Planning), oft auch als Warenwirtschaftssystem (Wawi) bezeichnet, ist eine Softwarelösung, welche vollumfänglich die Geschäftsprozesse eines Unternehmens abbildet. Darunter fallen „die Prozesse in den Bereichen Finanzen, Personalwesen, Fertigung, Lieferkette, Services, Beschaffung und mehr“ d.h. auch die Logistikprozesse, die im Regelfall über ein „Lagermodul“ im ERP abgedeckt sind. 

Ein Warehouse Management System (3) ist im Wesentlichen ein eigenständiges externes „Lagermodul“, welches jedoch im Vergleich zu den meisten, im ERP integrierten, Modullösungen in Bezug auf dessen Funktionalität wesentlich umfangreicher ist und Prozesse spezifischer auf die Anforderungen der Kunden konfiguriert werden können. Hier liegt der Fokus nicht primär auf der kaufmännischen Betrachtungsweise, sondern auf der Prozessabwicklung in der Logistik. Im WMS wird der komplette innerbetriebliche Material- als auch Informationsfluss abgebildet. Es fungiert als untergeordnetes, ausführendes System und übernimmt vom darüber gelagerten Host-System, meist einem ERP-System, Aufträge entgegen, verwaltet diese in einer Datenbank und gibt sie nach entsprechender Optimierung zur Steuerung an die angebundenen mobilen Endgeräte oder auch Automatikanlagen, welche über eine Materialflusssteuerung (MFS) verknüpft werden können, weiter. Es übernimmt also die Steuerung, Kontrolle und Optimierung komplexer Lager- und Distributionssysteme eines Unternehmens. Einerseits umfasst es die grundlegenden Aufgaben der Lagerverwaltung, bietet darüber hinaus aber noch viele weitere Funktionen. Dazu gehören z. B. auch umfangreiche Methoden und Mittel zur Kontrolle der Systemzustände und eine Auswahl an Betriebs- und Optimierungsstrategien. Kurz gesagt, besteht die Aufgabe des Warehouse Management Systems in der Führung und Optimierung von innerbetrieblichen Lagersystemen. Moderne WMS sind modular aufgebaut und lassen sich je nach Bedarf erweitern. Es besteht aus Kern- und Zusatzfunktionen sowie Erweiterungsmodulen. Mit den Kernfunktionen ist der Standard-Funktionsumfang gemeint, der für den Betrieb des Lagerhauses unabdingbar ist. Er umfasst auf der Bereichsebene den Wareneingang, die lagerinternen Prozesse sowie den Warenausgang. Funktionell beinhaltet er die Lagerstrukturierung, Stammdatenverwaltung sowie die Bestands- und Transportverwaltung. Die Zusatzfunktionen gehören ebenfalls zum üblichen Funktionsbereich, werden aber nur installiert, wenn der Kunde diese Funktionen auch benötigt. Beispiele für Zusatzfunktionen sind Cross-Docking, Dock- und Yardmanagement, Gefahrgut- und Gefahrstoffverwaltung, Resssourcenplanung, Retourenmanagement, Staplerleitsystem u. v. a.. Erweiterungsmodule sind normalerweise separate Software-Pakete wie RFID-Software und Pick-by-Voice-Systeme, die nicht unbedingt vom WMS-Anbieter gestellt werden, sondern von externen Anbietern. 

Einführung eines WMS bringt viele Vorteile

Durch das Warehouse Management System wird der Grundstein für die digitale Zukunft und Industrie 4.0 im Unternehmen gelegt. Damit besitzt ein Unternehmen einen entscheidenden Vorteil gegenüber analogen Wettbewerbern. Immer mehr Prozesse und Lagerprozesse können digitalisiert und automatisiert und später u. a. via KI optimiert werden. Der Einstieg in das digitale Lager via WMS bringt sofort direkte Vorteile. Dazu gehören 

  • eine effiziente Lagerplanung 

  • so gut wie keine Fehl- und Überbestände 

  • eine höhere Bestandssicherheit und Lieferfähigkeit 

  • die Beschleunigung der Lagerprozesse und der Logistik, was insbesondere im E-Commerce wichtig ist 

  • Flexibilität 

  • Echtzeitsteuerung 

  • Kosten- und Zeiteinsparungen 

  • der reduzierte Einsatz von Mitarbeitern im Lager 

  • die permanente Inventur 

  • in Verbindung mit einem Pick-by-X-System eine enorme Fehlerminimierung 

  • die Transparenz aller Daten, Bestände, Lagerorte und Lagerprozesse 

  • die Durchführung einer ganzheitlichen Qualitätssicherung auf der Grundlage einer vollständigen Dokumentation 

Warehouse Management System

Für KMU und Start-Ups sind insbesondere Warehouse Management Systeme geeignet, die schnell und einfach zu implementieren und wenig kapitalintensiv sind. Dies trifft im speziellen auf cloudbasierte-Lösungen (Software as a Service, SaaS) zu, die kernfunktional sowohl das Bestandsmanagement als auch die Prozesssteuerung (Auftragssteuerung) eines Lagers übernehmen. Das WMS-System kann sowohl autark eingesetzt als auch via Schnittstellen an ein übergeordnetes Host-System, beispielsweise ein ERP- oder Warenwirtschaftssystem oder auch an ein Onlineshopsystem angebunden werden. 

Dabei hilft das WMS bei der Optimierung der Lagerprozesse vom Wareneingang über die Kommissionierung und den Versand bis hin zu den Retouren. Natürlich steuert das WMS auch die Inventur bspw. über ein permanentes Inventurverfahren. Durch die Erstellung eines digitalen Lagerzwillings kann das eigene Lager im WMS von der Zoneneinteilung über Regalzeilen und -fächer bis hin zum einzelnen Lagerplatz grafisch abgebildet werden. Jede Veränderung, die im Lager implementiert wird, kann dann im Lagerlayout einfach durch den Kunden selbst übernommen werden. Diese Flexibilität ist insbesondere für stark wachsende Unternehmen bspw. im E-Commerce von großem Vorteil, da hier eine enorme Dynamik in Bezug auf die Prozesse als auch in der Lagerlayoutierung besteht. Die Lagerstrategie kann sowohl im Wareneingang als auch im Warenausgang über die Konfiguration intelligenter Ein- sowie Auslagerstrategien festgelegt werden. Dies führt zu einer optimalen Flächenausnutzung und wegeoptimierten Materialflüssen.  

Die Einführung eines WMS führt zu einer größeren Kosteneffizienz, Kostensenkung und Reduzierung der Auftragsdurchlaufzeiten, da manuelle Prozesse und die Betriebskosten des Lagers reduziert werden können. Ebenfalls vorteilhaft ist die Web-basierte Systemarchitektur, die den kostengünstigen Einsatz konventioneller Hardware bspw. Smartphones, ergänzt um eine externe Scanner-Engine (Ringfingerscanner, Glove-Scanner etc.), welche über Bluetooth verbunden werden können, ermöglicht. Auch wird der Ressourceneinsatz optimiert, die Effektivität des Personals und der gesamten Logistik gesteigert und die Nutzung der Lagerflächen verbessert. Dabei erfolgen die Implementierung und Schulung der SaaS-Lösung einfach und schnell. Eine moderne WMS-Software lässt sich reibungslos über Standard-Interfaces in jeder Systemlandschaft integrieren. 

Literatur 

1 BITO Fachwissen, Kombination von manuellen und automatischen Lagersystemen 

2 Definition WMS/ LVS, Warehouse Logistics, Link 

3 Technische Regel, VDI 3601:2015-09, Warehouse-Management-Systeme, Verein Deutscher Ingenieure (VDI), Link 

4 Was ist ERP? | Definition von Enterprise Resource Planning | SAP 

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