
Trends in der deutschen Heimtierbedarfs-Branche
Die Anzahl der Katzen und Hunde in deutschen Haushalten wächst beständig und damit der Bedarf an Produkten für Haustiere. Online- und Mobile-Shopping wachsen rasant.
Die Hunde-, Katzen- und Kleintierhaltung ist weltweit und auch in Deutschland zu einem enormen Wirtschaftsfaktor geworden. Laut der Heimtierstudie 2019 (1) erzielt die Heimtierhaltung in Deutschland schätzungsweise eine gesamtwirtschaftliche Nachfrage in Höhe von über 10,7 Milliarden Euro. Der Anteil am Umsatz, der durch Hundehaltung erzielt wird, beträgt 5,6 Milliarden Euro (52 Prozent), wobei die Katzenhaltung 3,9 Milliarden Euro Umsatz (36,5 Prozent) erreicht. Mit Heimtierbedarf (Tiernahrung und Tierzubehör) werden 5,7 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet. Damit verbunden sind rund 210 000 Vollzeitarbeitsplätze. Die Zahl der Hunde und Katzen nimmt in deutschen Haushalten beständig zu. 2018 lebten dort 14,8 Millionen Katzen (2013: 11,3 Millionen) und 9,4 Millionen Hunde (2013: 6.8 Millionen).
Hunde und Hauskatzen sind zunehmend Partner- und Kindersatz
Die geliebten Pelztiere sind mittlerweile zum vollständigen Familienmitglied und zum Kind- oder Partnerersatz avanciert. In Scheidungsfällen wird deswegen mitunter sogar vor Gericht gestritten, wem das Sorgerecht für Hund oder Katze zugesprochen wird (2). Besonders in Städten, in denen soziale Bindungen loser werden, muss das geliebte Tier häufiger den Partner ersetzen, der Halt und Zuflucht bietet. Zwei von drei Tieren leben heute in Ein- oder Zweipersonenhaushalten. Laut der Heimtierstudie geben 68 Prozent der Hundehalter und 61 Prozent der Katzenhalter interessanterweise an, dass sich ihr Gesundheitszustand durch die Tierhaltung verbessert hat. Bezüglich der Lebenszufriedenheit sind es 88 Prozent der Hundehalter und 83 Prozent der Katzenhalter, die sich durch ihre Tiere besser fühlen.
Trend zur Humanization und Luxusprodukten
Generell existiert eine Tendenz zur Vermenschlichung ("Humanization") der Tiere. Die Bedürfnisse der Tierhalter werden auf die geliebten Heimtiere projiziert. Gemäß dem Zukunftsinstitut "wird das Haustier daher nicht nur gefüttert, sondern auch gepflegt, gehegt, frisiert, gekleidet und am Ende seiner Tage würdevoll bestattet." Diese humanisierten Bedürfnisse führen natürlich zu einer hohen Nachfrage in den entsprechenden Bereichen. Es lässt sich zudem ein anhaltender Trend zum Luxus und zu höherpreisigen Produkten feststellen. Heimtiere werden zum Friseur und zur Pediküre sowie Akupunktur und zum Tierernährungsberater gebracht. Für die Heimtiere muss es mittlerweile Katzenstreu und Spielzeug aus Naturfasern sein und bei der Ernährung soll das Tier den Gewohnheiten und Bedürfnissen des Halters folgen: glutenarme bis glutenfreie, antiallergene, vegetarische und vegane Ernährung liegen im Trend. Luxusmarken und hochqualitative auch biologische Produkte werden zunehmend bevorzugt. Weiterhin wurden auch Trends wie z. B. die Behandlung von Angst und Stress mit Cannabidiol (CBD) im Heimtiermarkt übernommen. Nicht zuletzt gibt es auch Dating-Portale für Haustiere und Halter. Im Feelgood-Bereich ist laut dem Zukunftsinstitut (2) noch Luft nach oben. Wellnessangebote für Tier und Halter werden in der Branche sicher zunehmen.
Tiernahrungs-Markt expandiert und diversifiziert
Im stationären Handel wurden mit Hundefutter in 2019 1,507 Milliarden Euro (+4,2 Prozent) erzielt. Der Futtermarkt für die Samtpfötchen ist mit 1,596 Milliarden Euro (+1,2 Prozent) das größte Futtersegment. Wachstumstreiber waren dabei insbesondere Feuchtfutter, Snacks und Milch für Hauskatzen. Auch Tierfutter wie Fischfutter und Vogelfutter für Kleintiere, Zierfische und Wildvögel verzeichnete ein Umsatzplus. Tiernahrung legte beim bedeutendsten Internethändler für Haustier-Bedarf in Europa Zooplus mit 23 Prozent im Jahr 2018 gegenüber dem Vorjahr deutlich zu. Es ist das wichtigste Segment für den Onlinehändler. Der Anteil am Gesamtumsatz von 1,34 Milliarden Euro im Jahr 2018 lag bei 85 Prozent im Jahr 2018. Besonders im Online-Tiernahrungs-Markt ist die Vormachtstellung in Europa noch nicht ausgefochten. Die Fressnapf-Gruppe baut beispielsweise ihren Online-Handel gegenüber dem Marktführer Zooplus aber auch Anbietern wie Amazon massiv aus. Immer mehr spezialisierte Hersteller und Anbieter z. B. im Bereich Biofutter und individualisierte Nahrung treten in den Markt ein. Futter für Welpen, Senioren, das sensible oder übergewichtige Tier, Biofutter, Futter für Allergiker oder anderweitig erkrankte Tiere sind bereits im Angebot.
Technik für Heimtiere ist auf dem Vormarsch
Von der ferngesteuerten Maus bis zum automatischen Tierfutterspender oder handygesteuerten W-LAN Futternapf gibt es mittlerweile alles (3). Aktivitätstracker in Knochenform messen, wieviel sich das Haustier bewegt hat und geben die Daten an das Smartphone des Besitzers weiter. Der bestimmt dann, ob heute noch mehr geleistet werden muss. RFID-gesteuerte Haustier-Türen geben den Weg automatisch frei, wenn das gechipte Tier passieren will oder der Tierhalter die Tür per Handy freigibt. Ein mit Kamera und Lautsprecher ausgestatteter Spielball vertreibt dem gelangweilten Heimtier (und Halter?) die Zeit. Der Besitzer kann z. B. vom Büro aus mit dem Tier Kontakt aufnehmen und sogar mit ihm sprechen. Wenn man Angst hat, dass das geliebte Haustier (wahlweise auch Partner, Kind, Großeltern, etc.) weglaufen oder sich verirren könnte, eignet sich ein GPS-Tracker. Eine Augmented Reality App zeigt sogar in Realtime an, wohin sich das Haustier im Gelände bewegt. Man kann gespannt sein, was hier auf dem Heimtiermarkt in Zukunft noch vorgestellt wird.
Online-Käufe nehmen auch durch Corona zu
Laut Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) ist der Umsatz mit Tierbedarf im deutschen Onlinehandel auch wegen der Corona-Pandemie von 1,224 Milliarden Euro im Jahr 2019 um 15,8 Prozent auf 1,418 Milliarden Euro im Jahr 2020 gestiegen (4). Zudem hat sich der Internethandel bei fast allen Nonfood-Produktgruppen gemäß Branchen-Monitor Heimtierbedarf 2018 (5) hinter dem Fachhandel als Nummer zwei in Stellung gebracht. In Deutschland ist der Online-Shop von Zooplus mit einem Umsatz von 285,3 Millionen Euro gemäß Statista die unangefochtene Nummer 1 im Jahr 2019 im Bereich Heimtierbedarf - weit vor dem Fressnapf mit einem Umsatz von 61,8 Millionen Euro. Zooplus erklärt den eigenen Erfolg mit der Konvertierung von Neukunden in zufriedene Stammkunden (6) und mit der Etablierung des eigenen Geschäfts als Hauptversorger für Heimtierbedarf. Laut des Unternehmens sind weitere Erfolgsfaktoren sehr wettbewerbsfähige Produktpreise, weitreichende Verfügbarkeit von relevanten Produkten und Marken, eine zuverlässige europaweite Logistik, eine umfangreiches Informationsangebot auf den Webseiten und ein gutes Ranking von allen Themen rund um das Haustier bei Google. Fressnapf konnte aufgrund der COVID-Krise europaweit das größte Umsatzplus seiner Firmengeschichte erzielen. Hier stieg der Umsatz um 15,2 Prozent auf 2,65 Milliarden Euro. Der größte Wachstumstreiber war der Online-Shop. Die Umsätze stiegen hier um 45 Prozent auf rund 160 Millionen Euro.
Die Großanbieter dominieren das Massengeschäft, während zahlreiche mittlere und kleinere Anbieter erfolgreich Marktnischen mit spezialisierten Angeboten besetzen. Hier findet man alles von edlen Katzenmöbeln und Kratzbäumen bis zum Online-Shop ausschließlich für Prämienmarken. Das Kaufverhalten der Menschen ändert sich deutlich und immer mehr Käufe von Tierbedarf werden online getätigt. Insbesondere Millennial-Haustierbesitzer geben ihr Geld online und für höherwertige Waren oder Service für ihre Haustiere aus. Neben dem Online-Shopping via Webseite boomt auch das Mobile-Shopping in der Heimtierbranche. Beim Smartphone-Einkauf in Deutschland gehört Tierbedarf gemäß WirtschaftsWoche schon jetzt mit 12,3 Prozent zu den Top-10-Produktkategorien. Insbesondere Tierfutter, mit festen regelmäßigen Einkaufsrhythmen, eignet sich hervorragend für das bequeme (Nach-)Bestellen via Smartphone.
Bedarf an hoch qualitativer Lagertechnik steigt
Besonders Hersteller sowie der Groß- und Fachhandel benötigen geeignete Lagertechnik für Heimtierbedarf und Tierfutter (7). Für Hersteller bieten sich hier Pufferlager an, damit die Ware immer lieferfähig bleibt. Im Großhandel kommen Paletten- und Stückgutregale bzw. Paletten- und Stückgut-Durchlaufregalsysteme (PDS und SDS) für Schnelldreher an. Auch der Fachhandel benötigt Lagertechnik. Man denke dabei an große Player wie Fressnapf und den E-Commerce-Händler Zooplus. Auch Amazon bietet natürlich Tierfutter an. Hier wird häufig aus Fachbodenregalen bzw. Mehrgeschossanlagen (MGA) oder Hochregallagern für Paletten heraus kommissioniert. Mittlerweile werden aber auch Automatische Kleinteilelager (AKL) und Automatische Hochregal-Palettenlager in den Logistikzentren für Heimtierbedarf eingesetzt.
Das Durchlaufregallager eignet sich für hohe Umschlagsleistungen und bietet gute Kommissionier Möglichkeiten. Das Paletten-Durchlaufregallager erreicht bis zu 60 Prozent Platzersparnis im Vergleich zu konventionellen Palettenregalen und bietet selbst eine Lösung für nicht stapelbare Paletten. In einem Durchlaufregal werden die Güter normalerweise nach dem FIFO-Prinzip gelagert. Dies eignet sich besonders für Güter mit Verfallsdatum oder wenn Chargen bzw. Produktserien überwacht werden müssen. Mit Durchlaufregalanlagen für Stückgut und Paletten wird der Wareneingang- und -ausgang sauber voneinander getrennt.
Literatur:
1 Ohr, Renate, Heimtierstudie 2019: Ökonomische und soziale Bedeutung der Heimtierhaltung in Deutschland, Universität Göttingen, September 2019, Link
2 Big Business mit Hund, Katze & Co., Zukunftsinstitut, 2013, Link
3 10 aktuelle Trends für das Jahr 2021 in der Tierwelt, Blepi, 2021,JaKo Medien GmbH, Tübingen, Link
4 Zuwächse mit Tierbedarf überdurchschnittlich, Januar 2021, petonline, Link
5 Wilhelm Sybille, Tierbedarf, Verteilungskämpfe um den Futternapf, Januar 2019, e-tailment, Link
6 Edel Bärbel, Tierfutter im Netz: Qualität als Strategie, März 2018, Internet World Austria, Link
7 Bito Lagertechnik, Boomender Tierfuttermarkt erfordert effiziente Lagertechnik, 2021