Zukunftstrends in der Fashion-Logistik

Für die hochkomplexe Fashion-Logistik werden zunehmend die Methoden der Künstlichen Intelligenz, Digitale Zwillinge, Predictive Analysis und Predictive Logistics eingesetzt. KI verhilft ebenso zu resilienteren Lieferketten.

Die Fashion-Branche gilt als extrem schnelllebige Branche. Einerseits treiben immer neue saisonale Modetrends die Branche an. Anderseits müssen Unternehmen in der Fashion-Industrie vielfältige Zukunftstrends in ihrem Geschäftsmodell berücksichtigen und dies immer wieder anpassen. Beispiele sind hier E-Commerce und Omnichannel Logistics, One-Day-Delivery, Digitalisierung und Losgröße 1, extrem hohe Rücksendequoten und Nachhaltigkeit.

Logistik: ein wichtiges Herzstück des Fashion-E-Commerce

Besonders in der Fashion-Industrie bildet die Logistik ein enorm wichtiges Herzstück eines erfolgreichen Unternehmens. Durch den - auch durch die Corona-Pandemie - immer mehr zunehmenden E-Commerce haben sich u. a. die Kundenerwartungen an die Liefergeschwindigkeit erhöht. Same-Day-Delivery der bestellten Modeartikel gehört mittlerweile zum Standard. Zudem kommt eine extrem hohe Retourenquote von zirka 56 Prozent, die zum Geschäftsmodell gehört (1) Omnichannel-Modelle führen zu einer komplexen Retourenabwicklung, die eine spezialisierte Reverse-Logistik und automatisierte Sortersysteme erfordern. Bei Omnichannel-Modellen werden Online- und Offline-Verkaufskanäle im Online-Shop miteinander verbunden. Besonders die direkt vom Kunden an das Logistikzentrum zurückgesendeten Modeartikel bereiten Probleme, da häufig wichtige Daten wie der Grund der Rücksendung fehlen. Generell sollten Retouren natürlich nicht unbedingt gefördert werden. Trotzdem können auch aus Rücksendungen wichtige Daten zu Kundenbedürfnissen gewonnen werden, die die Basis für gesteigerte künftige Verkäufe und weniger Retouren bilden können. Auch was der Kunde nicht will, verbessert den Vorschlagsmechanismus durch integrierte Künstliche Intelligenz (KI).

Anspruchsvolle Omnichannel-Logistik

Früher wurden Online-Auftragsbestellungen häufig getrennt von Offline-Bestellungen aus den Filialen bzw. Modegeschäften bearbeitet. Dazu wurde ein eigenes E-Commerce-Logistikzentrum benötigt. Heute wird beides meist in einem Logistikzentrum integriert. Auch Click & Collect, Click & Reserve, Endless Aisle und die Rückgabe von Waren im Ladengeschäft stellen eine Herausforderung für die Fashion-Logistik dar. All das benötigt ein besonders flexibles und automatisiertes Logistiksystem mit Warenwirtschaftssystem (WWS) und Lagerverwaltungssystem (LVS). Häufig werden hier Shuttle-Lagersysteme im Ware-zum-Mann-System eingesetzt, die die Durchlaufgeschwindigkeit von Aufträgen steigern bzw. die Kommissionierzeit verkürzen. Zudem findet in der Fashion-Logistik bereits die nächste Welle der Automatisierung durch "Kollege Roboter" statt. Roboter und Fahrerlose Transportsysteme (FTS) übernehmen die Kommissionierung, den Transport und die Sortierung von Ware. Drohnen und Lieferroboter werden in der Paketzustellung eingesetzt (2). 

Fordern Sie jetzt dieses Dokument an.

Logistikoptimierungen

Whitepaper: Trends in der Fashion-Logistik

Unser Whitepaper „Zukunftstrends in der Fashion-Logistik“ erklärt Ihnen alle wichtigen Trends in diesem Bereich.

Digitalisierung und Losgröße 1

Durch Industrie 4.0 und die nötige Digitalisierung sowie Automatisierung wird die Fabrik der Zukunft möglich. Maschinen und Anlagen mit integrierten cyberphysischen Systemen kommunizieren via dem Industriellen Internet der Dinge (IIdD) miteinander. Mittels additiver Fertigung sprich 3D-Printern kann eine Fertigung bis zur Losgröße 1 aufgebaut werden. D. h. eine individualisierte Massenfertigung kann realisiert werden. Beispiele sind Sportschuhhersteller wie Adidas, die komplett individualisierte Schuhmodelle herstellen. Die Kunden können sich ihren eigenen Sportschuh selbst online zusammenstellen. 

Digitaler Zwilling zur Simulation logistischer Prozesse

Nicht nur die gesamte Smart Factory und Produktion in der Fashion-Branche, sondern auch die logistischen Prozesse lassen sich in einem sog. digitalen Zwilling darstellen (3). Eine digitale Repräsentation der realen Prozesse erlaubt das Durchspielen von Szenarien und die Optimierung der Abläufe. Da es sich häufig um komplexe und zum Teil intransparente Logistiksysteme und große Datenmengen (Big Data) handelt, eignet sich hier hervorragend die datengetriebene Analyse mithilfe von KI am detailgetreuen digitalen Modell. So werden komplexe Entscheidungsfindungen in der Logistik extrem erleichtert. Dabei lassen sich digitale Zwillinge für ganz unterschiedliche Objekte und Systeme in und außerhalb des Unternehmens erstellen. Beispiele sind hier Digital Twins für Gabelstapler, Lagerhäuser, für ganze Filialen in der Modeindustrie oder auch z. B. für Systeme in der Beschaffungslogistik (Sourcing-Strategien) und die Routenoptimierung eines FTS-Systems in Echtzeit. Dabei können die Logistik-Zwillinge je nach Leistungsfähigkeit eingeteilt werden: überwachend, operationell, vorhersagend, lernend (intelligent) und autonom regelnd. 

KI, Big Data und Predictive Logistics

Mit Predictive Logistics lassen sich Zustände des Logistik-Netzwerks in der Zukunft voraussagen (4). Hierbei handelt es sich ebenso um eine Anwendung des Digitalen Zwillings. Es wird also wieder ein Digital Twin des Logistik-Netzwerks erstellt. Der Trend geht schon seit einigen Jahren in Richtung der Auswertung des Kaufverhaltens von Kunden mittels Big Data und KI. In den historischen Daten lassen sich Muster erkennen, die mittels Nutzung des Digitalen Zwillings und Predictive Analysis das Eintreffen von bestimmten Ereignissen (Bestellverhalten, etc.) mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit erlauben. Die Voraussagende Analyse bildet die Basis für die Simulation von künftigen Zuständen der Fashion Supply Chain von Unternehmen der Modebranche mittels eines Digitalen Zwillings. 

Aufbau von resilienten Lieferketten

Eine weitere Herausforderung nicht nur für die Modebranche sind die Entwicklung von sog. resilienten Lieferketten. Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie empfindlich die logistischen Prozesse und Lieferketten sind. Auch die große Abhängigkeit der Supply Chains von Lieferanten u. a. aus China, Bangladesch, Indien, Kambodscha wurde schmerzlich bewusst. Wichtige Lehren aus der Krise sind also die Notwendigkeit der Diversifizierung der Fashion Supply Chain und ebenso des Aufbaus von digitalen Plattformen zur Steigerung der Transparenz der Lieferketten von Unternehmen. Die deutsche Modeindustrie muss ihre Lieferketten verkürzen und regionaler einkaufen bzw. produzieren (Near-Shoring, 6). Dies kann z. B. in Ländern wie der Türkei und Marokko oder auch in Osteuropa (Polen, Serbien, Kroatien, Bulgarien,) erfolgen. Eine aktive Netzwerk- und Lieferketten-Planung, eine digitale Bestandsprognose und -disposition sowie eine umfassende logistische Kapazitätsplanung soll in Zukunft für krisensicherere Lieferketten sorgen. Weiterhin müssen die stark fluktuierenden Frachtraten in Krisenzeiten auf digitalen Plattformen immer transparent dargestellt werden. 

Nachhaltigkeit und Lieferkettengesetz

Der Trend zur Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit von Produkten und Unternehmen steht im Fokus der Öffentlichkeit und der Verbraucher. Gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommens und des „Klimaschutzplans 2050“ der Bundesregierung muss der Verkehrssektor bis 2030 seine Treibhausgasemissionen um 40 bis 42 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Bis 2050 will Deutschland weitgehend treibhausgas- bzw. CO2-neutral werden (7). Logistiker sind angehalten, ihr Unternehmen, Prozesse und Flotten energieeffizient und CO2-neutral zu gestalten. Bevor endgültig auf Elektroantriebe umgestellt wird, müssen zunächst die eingesetzten Fahrzeuge energieeffizienter werden. Die CO2-neutrale Energiebereitstellung und effiziente Energienutzung muss in Logistikzentren gewährleistet werden. Eine ganzheitliche Betrachtung der Energiebedarfe und Energiekreisläufe im Logistikzentrum sollte erfolgen. 

Am 1. Januar 2023 tritt das verabschiedete sog. Lieferkettengesetz endgültig in Kraft. Die Einhaltung der Gesetze wird dann vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr (BAFA) der Bundesregierung überwacht. Immer wieder fallen schwarze Schafe auch in der Modebranche auf, die gegen Arbeits- und Menschenrechte in Europa aber auch weltweit verstoßen (8). Das Lieferkettengesetz soll deutsche und internationale Unternehmen (mit Sitz in Deutschland) zur Verantwortung für ihre gesamte Lieferkette und Ausübung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten je nach den gegebenen Einflussmöglichkeiten verpflichten (9). Modeunternehmen müssen jetzt handeln und u. a. eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte verabschieden. Weiterhin muss eine Risikoanalyse in Bezug auf nachteilige Auswirkungen der Unternehmenspraktiken auf die Menschenrechte durchgeführt werden.  

Fordern Sie jetzt dieses Dokument an.

Logistikoptimierungen

Whitepaper: Trends in der Fashion-Logistik

Unser Whitepaper „Zukunftstrends in der Fashion-Logistik“ erklärt Ihnen alle wichtigen Trends in diesem Bereich.

Literatur: 

1 Bito Fachwissen, Dezentrale Retourenabwicklung in der Fashion-Logistik  

2 Textilwirtschaft Insights, Omnichannel Logistik, Link 

3 Straube Frank Prof. Dr.-Ing., Typologien und Anwendungsnutzen digitaler Zwillinge in Logistiksystemen, Logistikpraxisseminar 2021: Digitale Zwillinge von Logistiksystemen: Typologien, Anwendungen und Zukunftsnutzen, Link 

4 Bito Fachwissen, Einsatzmöglichkeiten von KI in der Logistik, Link 

5 Bito Fachwissen, Lehren aus Covid: Krisensichere Supply Chain und Materialversorgung, Link 

6 Modebranche: Jeder vierte Lieferant in finanziellen Nöten durch COVID-19, McKinsey & Company, Mai 2020, Link 

7 Bito Fachwissen, CO2-neutrale Logistik, Link 

8 Ausbeutung Made in Europe, Bericht über Menschenrechtsverstöße in der Produktion für deutsche Modemarken in: Ukraine, Serbien, Kroatien und Bulgarien, Clean Clothes Campaign und Brot für die Welt, April 2020, Link 

9 Bito Fachwissen, Mehr Verantwortung der Unternehmen: Lieferkettengesetz verabschiedet 

Diese Themen könnten Sie auch interessieren