Zukunftstrends im Online-Handel

Der E-Commerce expandiert weltweit rasant. Die Corona Krise hat die Expansion zudem beschleunigt. Beides führt zur Entstehung von Megatrends wie dem vermehrten Einsatz von KI und AR.

Der globale E-Commerce-Markt und der Online-Handel in Deutschland wachsen gewaltig. Auch durch die Corona-Pandemie wurde die Expansion des Online-Handels enorm beschleunigt. Shopify Plus erwartet 2021 einen weltweiten Gesamtumsatz im E-Commerce von 4,9 Billionen Dollar (4,1 Billionen Euro). Im Jahr 2020 erreichte er laut Statista in Deutschland einen Gesamtumsatz von 72,8 Milliarden Euro. Dies entsprach einem Wachstum gegenüber dem Vorjahr von rund 23 Prozent. Im Jahr 2010 lag der Umsatz noch bei 20,2 Milliarden Euro und damit 72,3 Prozent unter dem Wert von 2020. Seither hat der E-Commerce ein exponentielles Wachstum erfahren.  

Mit der Ausweitung des Online-Handels wandeln sich die Ansprüche der Verbraucher nicht nur in Bezug auf Liefergeschwindigkeit, Lieferfenster, etc. sondern auch an das Einkaufserlebnis, Produktverfügbarkeit über verschiedene Kanäle, Bezahloptionen und v. a. m... Im Folgenden werden verschiedene Zukunftstrends besprochen. 

Siegeszug der Künstlichen Intelligenz

Die Künstliche Intelligenz (KI) breitet sich in allen Bereichen und natürlich auch besonders im E-Commerce aus. Hier wird sie bereits für die Prognose des Kaufverhaltens von Verbrauchern, für die Erstellung von Anzeigen und Ermittlung von Käuferprofilen, Produktvorschlags-Algorithmen und vieles mehr genutzt. Zudem wird KI z. B. bei der Wegeoptimierung im Lager und der Routenoptimierung von Lieferfahrzeugen eingesetzt. 

KI wird in Zukunft das Einkaufserlebnis von Kunden viel authentischer und maßgeschneiderter gestalten. Den Kunden sollen maßgeschneidert Produkte vorgeschlagen werden, noch bevor sie genau wissen, was sie eigentlich wollen. Dies wird durch historische Verhaltens- und Transaktionsdaten auch von vergleichbaren Verbrauchern und Machine Learning erreicht. Weiterhin kann die Kundenerfahrung in vielen anderen Bereichen personalisiert werden wie z. B. durch die Ansprache mit personalisierten Begrüßungstexten, Produktbeschreibungen, Navigation, Produktkategorien, Kundenbewertungen, Chatbots, Newsletter, etc... 

Vermehrter Einsatz von Augmented Reality

Durch Augmented Reality (AR) kann man bereits heute in manchen Online-Shops Kleider virtuell anprobieren, Farben und Accessoires wechseln oder z. B. Projektionen von Möbeln in der eigenen Wohnung betrachten. Amazon ermöglicht dies mit seiner digitalen Shopping-Hilfe „AR View“. "Smart-" oder "Magic-Mirror" sind Apps, die das Anprobieren auch von Kleidung erlauben, die aufgrund der limitierten Verkaufsfläche nicht in einem stationären Geschäft vorrätig sind. Die Software "Pictofit"-AR-Engine macht das Tablet oder Smartphone zur virtuellen Ankleidekabine und zeigt dem Kunden wie ausgewählte Kleidungsstücke an ihrem persönlichen Avatar aussehen. Ultrapräzise Messungen zeigen die Avatar-Passform eines Kleidungsstücks in Abhängigkeit davon, wie sich Dehnung, Steifigkeit, Fließen, Straffheit, Haftvermögen und Lockerheit auf die Konturen des Trägers auswirken (1). AR führt nachgewiesenermaßen zu einem emotionaleren Einkaufserlebnis und zu gesteigerten Verkäufen. 

In der Zukunft sollen Produkte nicht mehr nur mit einem Smartphone, sondern im gesamten Blickfeld der Augen zu sehen sein. Dazu werden Brillen mit eingebauten Projektoren oder sogar Kontaktlinsen dienen, die für ein AR-Bild sorgen (2). 

Trend geht zum Social Shopping

Unter Social Shopping versteht man Online Shopping auf sozialen Plattformen wie Facebook, Instagram, Pinterest aber auch Kurzvideo-Plattformen wie TikTok oder in einer App wie Line oder WeChat. Die Wahl der geeigneten Social Media-Plattform hängt stark von den Produkten und der gewünschten Zielgruppe ab. Visuelle Inhalte führen zu einem noch ansprechenderen Einkaufserlebnis. Die Customer Journey, also die Reise die der Kunde von der ersten Inspiration bis zur gewünschten Aktion (z. B. Kauf des Produkts) zurücklegt, wird auf sozialen Plattformen entscheidend verkürzt. Er braucht zum Einkaufen nicht mehr auf die Firmen-Webseite gehen, sondern kann direkt auf der Social Plattform kaufen. 

Key Opinion Consumer (KOC) oder zu Deutsch auch Hauptmeinungs-Konsumenten sind "normale" Kunden die Produkt-Rezensionen und Empfehlungen als Video- oder Blog-Post erstellen. KOC sind Influencer, die den Vorteil der Authentizität genießen. Man könnte das Ganze auch als Beziehungsmarketing (Teil des Social Commerce) beschreiben. Kunden sind ständig auf der Suche nach authentischen und vertrauenswürdigen Empfehlungen und Ratschlägen. 

TikTok ist Ende 2020 eine globale Partnerschaft mit der E-Commerce-Plattform Shopify eingegangen. Die Vereinbarung zielt darauf ab, es den über eine Million Händlern von Shopify zu erleichtern, das jüngere Publikum von TikTok zu erreichen und die Verkäufe in dieser Zielgruppe zu steigern. 

China ist uns in Sachen Social Commerce meilenweit überlegen. Hier werden In-App-Einkäufe z. B. in WeChat getätigt. In den Social Apps mit einer riesigen User-Zahl (WeChat hat 1,2 Milliarden Nutzer) wird die Produktsuche einschließlich Kauf wie sonst bei Suchmaschinen ermöglicht. WeChat verfügt innerhalb seines Ökosystems über eine gigantische Menge an Inhalten und Möglichkeiten. Das Ende der Suchmaschinen ist in Bezug auf Produktkäufe in China bereits eingeläutet. 

Einkaufen via Voice Commerce

Sprachassistenten wie Alexa von Amazon ermöglichen das Voice Commerce - also das Online Shopping via Sprache. Der Trend besitzt ein gewaltiges Wachstumspotenzial. Seit 2018 haben Sprachanfragen für die Produktsuche um 45 Prozent zugenommen. Allerdings muss der Online-Shop auf die häufigsten Sprachanfragen auch in Bezug auf die Winner Produkte hin optimiert werden. 

Abonnements gehört die Zukunft

Die Idee des Abonnements ist uralt und doch gerät sie mit dem E-Commerce wieder zur Blüte. Kunden abonnieren "Überraschung-Boxen" z.B. für dekorative Kosmetik. Abonnements können auch zur Vorratshaltung bzw. Nachlieferung dienen. Man denke dabei an Lebensmittel die wöchentlich in einer Abo Box geliefert werden. Eine weite Möglichkeit ist durch ein Abo einen exklusiven Zugang zu Produkten und Dienstleistungen im Mitgliedsbereich mit Preisvorteil zu bieten (3). 

Abonnements besitzen für den Verbraucher und den Online-Shop-Betreiber gewaltige Vorteile. Sie generieren regelmäßige Einnahmen, benötigen weniger Aufwendungen für Marketing und Vertrieb bzw. Neukundengewinnung und besitzen hohes Cross- und Upselling-Potenzial. Zudem kann der eigene Warenbestand besser geplant werden. Customer Lifetime Value und Kundenbindungsraten steigen enorm, ohne dass dafür viel getan werden muss. Die Kunden kehren immer wieder in den Onlineshop zurück, was auch zu einer besseren Bewertung im Suchmaschinen-Ranking führt. 

Die Zukunft und Entwicklung des Abonnementen-Marktes sehen sehr rosig aus. Laut McKinsey ist der E-Commerce-Markt für Abonnements in den letzten fünf Jahren um jährlich 100 Prozent in den USA gewachsen. Eine ähnliche Entwicklung ist in Deutschland zu erwarten. 

Nahtloser Omnichannel-Ansatz ist unverzichtbar

Will man heutzutage erfolgreich im Handel sein, muss man über verschiedenste Kanäle Produkte anbieten und verkaufen. Besonders die nahtlose Verbindung von Offline- und Online-Kanälen ist wichtig. Der Online-Shop muss perfekt in die stationären Angebote integriert werden. Ein Beispiel ist die sogenannte Endless Aisle, die dem Kunden erlaubt Produkte online im stationären Geschäft zu bestellen, die dort nicht vorrätig sind. Sie stellt damit eine intelligente Verbindung von Offline- und Online-Geschäft dar. Der Kunde kann zudem Produkte online bestellen und im stationären Shop abholen (Click & Collect). Zudem kann er überprüfen, ob bestimmte Produkte im Geschäft vorrätig sind. 

Die gesamte Logistikkette wird in Zukunft noch mehr digitalisiert werden, wobei die IT als Grundlage für den Erfolg der Omnichannel-Logistik gilt. Aktuell werden Online-Kunden und stationäre Kunden oft aus zwei verschiedenen Logistiksystemen bedient. Wie hier Synergien erzielt werden können, ist noch nicht zufriedenstellend gelöst und erfordert Innovationen. 

Nachhaltigkeit im Handel und ReCommerce

Beim Reverse Commerce oder kurz ReCommerce werden gebrauchte Gegenstände und Kleidung online und im stationären Handel vermietet oder weiterverkauft. Dabei handelt es sich also um einen Nachhaltigkeits-Trend, der durch die Corona-Pandemie noch gefördert wurde. 

Die Zukunft für den Handel mit gebrauchten Artikeln sieht gut aus, da er für ein bewussteres und nachhaltigeres Konsumverhalten steht und zudem den Geldbeutel des Verbrauchers schont. Online-Shops, die sich auf gebrauchte Bekleidungsartikel konzentrieren, legten auch aufgrund der Pandemie zwischen 2019 und 2021 ein Wachstum von rund 70 Prozent hin. 

Literatur:

 

1 Forscht Thomas, AR im Onlinehandel: Einkaufserlebnisse wie im Laden, Handelstrends 2030, Oktober 2020, e-tailment, Link 

2 Clemens Dr. Ulrich, Augmented Reality im Onlinehandel, @strategy, März 2020, Link 

3 Breuer Hendrik, Start eines Abonnementgeschäfts: Ein kurzer Leitfaden, Der Shopify Blog, Link 

Ager Vinzenz, E-Commerce Trends für 2021 – 18 Dinge, die Onlinehändler nicht verschlafen sollten!, Sendcloud, Link 

BITO Fachwissen, Wie Künstliche Intelligenz die Logistik revolutioniert, Link 

BITO Fachwissen, Zukunft des Lebensmittelhandels, Link 

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